Das Café ohne Namen von Robert Seethaler

Autor: Robert Seethaler, Genre: Fiktive Erzählung, Verlag: Ullstein/Claassen, ISBN: 978-3-546-10032-8, 3. Auflage 2023, 283 Seiten, Preis Hardcover € 24,00
Wien im Jahr 1966. Robert Simon verdient sein Brot als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt. Er ist zufrieden mit seinem Leben, doch zwanzig Jahre nach Ende des Krieges hat sich die Stadt aus ihren Trümmern erhoben. Überall wächst das Neue, und auch Simon lässt sich mitreißen: Er pachtet eine Gastwirtschaft und eröffnet sein eigenes Café. Das Angebot ist überschaubar, und genau genommen ist es gar kein richtiges Café, doch die Menschen aus dem Viertel kommen und sie bringen ihre Geschichten mit – von Sehnsucht, vom unverhofften Glück, vom Tod. Sie kommen auf der Suche nach Gesellschaft, manche hoffen sogar auf die Liebe, und während die Stadt um sie herum erwacht, verwandelt sich auch Simons eigenes Leben.
Das Café ohne Namen ist ein Roman über den menschlichen Drang zum Aufbruch. Mit einem Reigen unvergesslicher Figuren und seiner besonderen Aufmerksamkeit für die Details des Lebens erzählt Robert Seethaler davon, wie eine neue Welt entsteht, die wie alles Neue ihr Ende schon in sich trägt. (Klappentext)
Robert ist ein stiller fleißiger Mann, der sich mit kleineren Handreichungen über Wasser hält. Es geht ihm gut aber dann lauscht er dem Ruf der Erneuerung und nach einigen Tagen des Abwägens der Für und Wider, folgt er seinem Traum. Ende Februar an einem Vorfrühlingstag eröffnet Robert ein Café.
Und doch war es, als hätte der Fön den Menschen die Köpfe freigelegt und die glänzende Winterseligkeit aus den Gesichtern geblasen. S. 51
Es sind diese Sätze, die der ganzen Geschichte ihre Schönheit geben.
Robert Seethalers Beobachtungen sind komplex und genau beschrieben. Ich kaufe ihm die Geschichte von vorne bis hinten ab, so könnte sie sich Anfang der siebziger-Jahre in Wien ereignet haben.
Die Leute, die in Roberts Café ein- und ausgehen, haben alle eine Geschichte, die erzählt werden muss. Der Ringer René, der sich in Roberts Kellnerin Mila verliebt. Der Fleischer von Gegenüber, der ein freundlicher bescheidener aber potenter Mann ist. Und dann treten immer wieder, mit zuverlässiger Gewissheit die zwei älteren Damen in die Szene. Ähnlich, wie die zwei alten Männer auf dem Balkon in der Muppetshow, aber weniger höhnisch. Und sobald ich sie erkenne, freue ich mich auf ihr Gespräch.
Trinken wir noch was? Selbstverständlich. Gott sei Dank, ich hab schon Angst gehabt. S. 139
Ihr Mund war von feinen Fältchen umlagert, die in ein verwirrendes Durcheinander gerieten, sobald sie sprach. S. 158
Das ist einfach genial, die meisten hätten geschrieben. “Eine Frau in den Wechseljahren” Er zeigt es, lässt überflüssiges Weg und die LeserInnen selbst entscheiden, welche Bilder sie entstehen lassen.
Fazit: Eine vortrefflich gelungene Geschichte über das Leben, Entscheidungen, Aufbruch und Ende, die mich gefesselt hat. Ich könnte Robert Seethaler noch tagelang zuhören, ohne dass ich mich langweilen würde.
Der Autor: Robert Seethalers Bücher wurden in über 40 Sprachen übersetzt. Mit seinem Roman Ein ganzes Leben stand er auf der Shortlist des International Booker Prize. Er lebt in Berlin und Wien.
2 Kommentare
ich mochte es sehr..
lg wolfgang
Definitiv