Rezensionen Diamantnächte

Diamantnächte von Hilde Rod-Larsen

Autorin: Hilde Ros-Larsen, Genre: psychologische Fiktion, Verlag: park x ullstein, ISBN: 978-3-98816-001-0, 1. deutschsprachige Auflage 2023, 240 Seiten, Preis Hardcover €22,00.

Aus dem Norwegischen von Ursel Allenstein

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Eine Frau erinnert sich an ihre Zeit als junge Studentin in London. Wie sehr sie sich danach sehnte, gesehen zu werden. Und wie sie sich in jenen Jahren in eine Dunkelheit verirrte, die sich als Licht tarnte.
In Diamantnächte geht es um Täuschung und Selbstbetrug, psychologische Verletzlichkeit, toxische Beziehungen, die allmähliche Erkenntnis von Wahrheit und Lüge. Es geht um die Enttarnung der Geschichten, die wir uns über uns selbst erzählen, und um eine Frage, die so viel machtvoller ist, als wir glauben: Wie geht es dir eigentlich? (Klappentext)

Tonje arbeitet als Übersetzerin und lebt mit ihrer 17-jährigen Tochter und ihrem zweiten Mann in einer Wohnung in Norwegen. Ihr Mann geht für einige Monate auf Dienstreise. Tonje klagt über massiven Haarausfall und versucht zu eruieren, wie es dazu kommen konnte. Sie lässt ihr Leben, mit all ihren gemachten Erfahrungen revue passieren und erinnert sich an die ersten Jahre, als junge Studentin in London.

Dort lernte sie die Engländerin Jenny kennen, die das Gegenteil von ihr war. Kess, sexy, launisch. Sie freundeten sich an und verbrachten einige Wochenenden bei Jennys Vater Alexander. Der war Psychologe und arbeitete in eigener Praxis, in einem Anbau seines Hauses. Alexander war einfühlsam, aber auch robust. Seine Lebenserfahrung und Selbstsicherheit übte auf die scheue, introvertierte Tonje eine große Anziehung aus. Er sah die junge Frau, die zu dünn war und sich auch schon einmal Schnitte mit der Rasierklinge zufügte, mit großem Interesse. Und gab ihr damit genau das, was sie sich wünschte. 

Schließlich verführt Alexander Tonje. Sie treffen sich regelmäßig in seiner Praxis. Er breitet ein weißes Laken auf seiner Ledercouch aus und sie haben Sex. Es ist nicht so, als würde Tonje das gefallen, aber sie kommt aus dieser Situation nicht hinaus. Steht immer zur Verfügung, wenn er sie will, obwohl er keinen Hehl daraus macht, dass er sie benutzt. 

Frauen, die unter 50 Kilo wiegen, können nie eine echte sexuelle Befriedigung erleben, sagte er einmal. Ich wog 46 Kilo. S. 179

Fazit: Die Geschichte ist in einem angenehm lockeren Erzählstil geschrieben und beginnt mit einer Ich-Erzählerin. Mittendrin wechselt die Autorin in die dritte Person und ändert die Namen der ProtagonistInnen. Wahrscheinlich, damit die Hauptprotagonistin, die die Geschichte erzählt, genug Abstand bekommt, um das Schwierige? Unaussprechliche? besser wiedergeben zu können. Dabei entstehen dann abgehackte Kleinstkapitel, die auf ihre Kindheit zurückblicken. Diese “Unordnung” und spontane Sprunghaftigkeit hat mich aus der Geschichte gerissen, so dass ich der Intention, der Autorin nicht mehr folgen konnte. Ganz am Ende erfahre ich, woran der Haarausfall tatsächlich liegt und fühle mich veralbert. Der Klappentext klang hochinteressant, genau mein Thema und ich finde die Idee eines Psychograms richtig gut, aber die Umsetzung hat mir nicht gefallen. 

Die Autorin: Hilde Rød-Larsen, geboren 1974, ist eine norwegische Autorin, Lektorin und Übersetzerin. Sie hat unter anderem Alice Munro, Jhumpa Lahiri, Elizabeth Strout und Miriam Toews übersetzt. Sie hat einen BSc in Soziologie und einen MSc in Entwicklungsstudien von der London School of Economics und lebt mit ihrer Familie in Oslo. Ihr erster Roman Sommertid (Sommerzeit) wurde 2019 von Aschehoug veröffentlicht. Diamantnächte ist ihr zweiter Roman.

 

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