Rezensionen No Regrets

No Regrets von Dietlind Falk

Autorin: Dietlind Falk, Genre: Fun Fiction, Verlag: Hanser blau, ISBN: 978-3-446-27805-9, 1. Auflage 2023, 224 Seiten, Preis Hardcover €22,00

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Ein hinreißender Roman über Freundschaft und Freiheit – und darüber, wie man beides wiederfindet, wenn es einem abhandengekommen ist.
“Das ist schmutzig, schnell, unaushaltbar komisch und schreiend traurig, einfach richtig gut kaputt – Dietlind Falk tätowiert euch den Punk in die Herzen.” Simone Buchholz
Ein müffelnder ausgestopfter Alligator im Schaufenster, leere Bierflaschen auf der Anmeldungstheke, ohrenbetäubender Metal: Willkommen im Tattoostudio NO REGRETS. Hier, irgendwo zwischen Dortmund und Duisburg, stechen die zwei besten Freunde Hänk und Muddy seit Jahrzehnten Rosen, Anker, Fußballvereinswappen und Totenköpfe. Doch die Welt um Hänk und Muddy herum hat sich verändert, und die beiden abgehalfterten Typen sind Auslaufmodelle geworden. Um das NO REGRETS vor dem Ruin zu retten, holen sie die junge Luz in den Laden – und zwischen den drei Außenseitern entwickelt sich eine unfreiwillige, tiefe Freundschaft, die nicht nur das NO REGRETS mit neuer Lebensfreude erfüllt. (Klappentext)

Der schroffe abgefuckte Hänk und Muddy, der nicht genug Zähne im Maul hat, weil er Zahnärzte fürchtet, sind Tätowierer in Muddys Studio. Es ist kein Studio, wie man sich im allgemeinen ein solches Studio vorstellt, sondern eins, das Muddy und Hänk widerspiegelt. 

Jemand mit Zwangsstörung hätte es hier jedenfalls keine drei Sekunden ausgehalten. S. 21

So denkt Luz, die mit den bunten Haaren, als sie sich im Tattoostudio No Regrets vorstellt und den Job bekommt. Mit ins Boot, steigt der junge schwule Rudolf, dessen Eltern das nicht wissen dürfen, also das mit dem Schwulsein und, dass er sein Studium geschmissen hat. 

Seit Hänk von seiner Freundin verlassen wurde, kurz bevor seine Mutter starb, ist er grießgrämig. Sein Vater war ein unterkühlter Typ, zu dem er keine feste Beziehung aufbauen konnte, was ihn insgesamt ein bisschen steif wirken lässt, im Umgang mit Gefühlen. 

Tja und Luz hat auch ihre Probleme, ist aber richtig gut im hineinfühlen und erkennen …

Sie fragte sich, ob es einen Ort gab, an dem er sich wohlfühlte (Rudolf), an dem er freier atmen konnte und sich der Boden unter seinen Füßen nicht anfühlte wie eine morsche Hängebrücke. Es musste schrecklich sein, dachte sie, so jung zu sein und so talentiert, ohne sich aufgehoben zu fühlen in der Welt. S. 187

Fazit: Was für eine geniale Geschichte, die fast durchgängig urkomisch ist. Allerdings ohne trivial zu sein. Der ernste Hintergrund ist, dass alle vier Menschen unter mangelndem Selbstwert leiden, wie wir fast alle. Sie haben nicht gelernt sich anzunehmen, wie sie sind. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten finden sie aber im jeweils anderen, jemanden, der sie akzeptiert und sogar liebt, mit all ihren Ängsten, Verschrobenheiten und Eigenarten. Es ist eine Geschichte von Freundschaft und Zusammenhalt, gemalt von Dietlinde Falk, die genau die richtigen Worte findet, in mir die schrillsten Bilder entstehen zu lassen und mich zutiefst mitfühlen lässt. Das ist große Kunst.

Ich bin auch deswegen so begeistert, weil ich selbst aus diesem Metier komme und bestätigen kann, dass es genau solche Typen real gibt. 

Die Autorin: Dietlind Falk, geboren 1985, wuchs im Ruhrgebiet auf. Sie arbeitet als freie Übersetzerin aus dem Englischen und Französischen und übertrug unter anderem Mark Haddon und Octavia E. Butler ins Deutsche. 2017 erschien ihr Roman “Das Letzte” im Albino Verlag. Dietlind Falk spielt in einer Punkband und lebt in Düsseldorf. Die Arbeit an ihrem nächsten Roman wurde durch ein Arbeitsstipendium des LCB gefördert.

 

 

 

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