Rezensionen Der gelbe Elefant

Der gelbe Elefant von Heinz Strunk

Autor: Heinz Strunk, Genre: Kurzgeschichten, Erzählungen, Verlag: Rowohlt, ISBN: 978-3-498-00350-0, 1. Auflage 2023, 205 Seiten, Preis Hardcover €22,00

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Die Welt von Heinz Strunk ist der unseren in vielem ähnlich. In „Der gelbe Elefant“ schreibt er vom Alltäglichen, wo Überraschung, Wunder, Grauen lauert.  Die Geschichten in diesem Buch erzählen von einer Seniorenorganisation namens «Freiwillig über die Klippe» und von einem Autoausflug in die Prähistorie. Ein Experte erlebt in der Sendung von Markus Lanz eine Katastrophe, ein Bauer in der Großstadt und ein Tourist bei der Thai-Massage am Strand. Manche der Texte klingen wie Zeitungsreportagen, manche wie Schauergeschichten, manche sind in Briefform, eine hat gar Bulletpoints. Aber immer sind sie originell, komisch, drastisch und unverwechselbar Heinz Strunk.  «Der momentan anregendste Erzähler der deutschen Gegenwartsliteratur. (Klappentext)

Heinz Strunk schildert in 30 kurzen und längeren Geschichten seine Alltagseindrücke. 

Schon die erste hat es in sich: Claudia (Claudi) und Andreas (Andi) waren mal mit einem Ehepaar befreundet aber das klappte nicht recht. Jetzt können sie die Pizzeria, in der sie mal mit beiden waren, nicht mehr aufsuchen. Gott bewahre, man will sich ja nicht mehr über den Weg laufen. 

Im Urlaub lernen sie ein neues Paar kennen, aber Urlaubsbekanntschaften, das wissen sie ja, beschränken sich auf den Urlaub. 

Aber dann verabreden sie sich doch, weil sie ganz nah beieinander wohnen, in Claudis und Andis Lieblingsrestaurant, der griechischen Taverne. Jetzt muss das mit den beiden aber passen, so schnell werden sie nicht wieder ein Lieblingslokal aufgeben. 

Olli und Melli trinken also bei Claudi und Andi noch einen Vorglüher und dann geht´s auch schon los, die zehn Minütchen Fußweg um die Ecke.

Kaum angekommen erfahren Claudi und Andi, dass ihre heißgeliebten Kroketten aus sind. Melli outet sich als Vegetarierin. Die Stimmung bewegt sich Richtung Kipppunkt. Olli erahnt den Stimmungswechsel und schwitzt unangenehm. Melli findet die Vorspeisen ungenießbar und stellt ihre Beziehung zu Olli in Frage. Andi kocht innerlich und hat keine Lust mehr, den beiden Fressschweinen beim Mampfen zuzugucken, Claudi hält sich zurück, um Andi die spürbare Eskalationsgrundlage zu entziehen. Andi verzichtet auf seine vier Ouzos aufs Haus, bricht unhöflich ab und verlässt fluchtartig den Laden.

Heinz Strunk lässt mich in gewohnter Manier in die Köpfe meiner/seiner? Mitmenschen schauen. Er spricht aus, was mir während einer Unterhaltung oftmals verborgen bleibt. Die allergeheimsten Gedanken, die ein Mensch im Austausch mit einem anderen oder sich selbst hat. Stellenweise geifert Strunk so bissig, dass ich mich frage, woher kennt der arme Mann solche Menschen. Aber wahrscheinlich kenne ich sie auch und meine Naivität erlaubt mir keine solchen Rückschlüsse. 

Fazit: Ein Buch voller kurzweiliger, teils düsterer, ja makaberer Geschichten. Ich kann mir vorstellen, dass es Schubladengeschichten sind. Ideen angefangener Projekte, die sich doch verlaufen haben. Ja, warum nicht einfach mal die Schublade öffnen und den Inhalt vermarkten?

Der Autor: Der Schriftsteller, Musiker und Schauspieler Heinz Strunk wurde 1962 in Bevensen geboren. Seit seinem ersten Roman «Fleisch ist mein Gemüse» hat er elf weitere Bücher veröffentlicht. «Der goldene Handschuh» stand monatelang auf der Bestsellerliste; die Verfilmung durch Fatih Akin lief im Wettbewerb der Berlinale. 2016 wurde der Autor mit dem Wilhelm Raabe-Literaturpreis geehrt. Seine Romane «Es ist immer so schön mit dir» und «Ein Sommer in Niendorf» waren für den Deutschen Buchpreis nominiert.

4/5

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